Schlagwort: innere Balance

Stille: Ein Modus des Wachsens

Pascal Chanel, unsplash

Pascal Chanel, unsplash

Wir, die Melanchthon-Akademie, sind mit unseren unterschiedlichen Bildungsangeboten Teil der quirligen Kölner Stadtgesellschaft. Wir stehen mit dem breiten kulturellen Angebot der Stadt in direkter Konkurrenz. Unser Kerngeschäft sind Worte, manchmal Musik, Kunst, Erkundungsgänge, Praktiken des Einübens, u.v.m.  Immer mit anderen, in Gruppen, Vorträgen, Workshops.

Ist es da nicht ein Widerspruch in sich, Stille zum Thema zu machen? Nein, still will die Akademie nicht sein. Und dennoch beschäftigt uns das Thema: STILLE, denn sie passt zu uns.

Warum?

Stille ist eine Qualität, die viel zu geben hat.

  • „Es gibt zwei Arten von Stille: die unangenehme, wenn man nach Hause kommt und alles ist still und leer. Diese Stille mag ich gar nicht. Aber die andere Art der Stille, wenn man keine Lust auf den ganzen Trubel hat. Dann tut Stille sehr gut.“ (Schülerin einer 5. Klasse)

Stille, oft angstbesetzt, wird so zum Sehnsuchtsort, zur Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Das Wort Stille beschreibt auf diese Weise etwas, das uns fehlt, einen Mangel.

Dabei ist Stille mehr, kraftvoll, sie verbindet. Dank der Stille werden unsere Sinne geöffnet. Wir werden wacher, nehmen ganzheitlicher wahr. In der Stille bringen wir die Welt über die Sinne ins Innere. So befreit sie uns von der Zweiteilung in Innen und Außen. Das Sehen wird zum Schauen, das Tasten zum Ergreifen und Ergriffensein, das Hören zum Horchen.

Stille ist ein Modus des Hörens, aus der Stille wachsen gute Worte.

  • Stille gibt Antwort auf die Frage, wer wir im Grunde sind, – oder sein möchten. „Es führen verschiedene Wege zur Stille, aber keiner führt an mir selbst vorbei.“ (Nikals Brantschen, Jesuit)

Die Stille macht sensibel für unsere zahlreichen Ersatzlösungen und Ersatzhandlungen, um uns selbst nicht zu begegnen. Sensibel für Arbeitswut, die sich als Fleiß tarnt, für das Sammeln von Wissen, dass nicht verarbeitet ist, für das Anhäufen von materiellen Gütern, als ob die Erfüllung der menschlichen Sehnsucht eine Frage der Quantität und nicht der Qualität wäre.

Dabei ist Stille einfach da. Wir müssen Stille nicht herstellen.

Es ist lediglich nötig zu lassen, was sie stört: zu viel Arbeit, zu viele Menschen, zu viele Geräusche, zu viele Ortswechsel, zu viele Erwartungen. Es ist befreiend, ein Akt der Selbstfürsorge, die unterschiedlichen „zu viel“ zu lassen und so präsent in Jetzt sein zu können. Wir brauchen Stille, um unterscheiden zu können: was vom Vielen schreit nur laut und was ist wirklich wichtig.

Stille ist ein Modus des Wachsens, in der Stille lernen wir zu unterscheiden. (Nicol Kaminsky, Landespfarrerin i.R.)

  • Es ist ein Unterschied, sich Zeiten der Stille zu reservieren, oder aus der Stille zu leben. Wie finden wir zu einer „Kultur der Stille“?

Um aus der Stille leben zu können, gerade wenn sich die Hektik unseres Alltags bemächtigt, bedarf es des Hörens, des Unterscheidens und- des regelmäßigen, geduldigen Übens. Kontemplationspraktiken verlangsamen das Leben. Sie geben Emotionen Raum, klären den Verstand, nehmen den Köper liebevoll ernst. Sie schenken Erfahrungen, die über den Menschen hinausgehen; manche nennen dies spirituelle Erfahrungen. Sie schenken Vertrauen, Kraft und Energie, innere und äußere Balance. Sie sind hilfreich und mitunter heilsam.

Kontemplation oder Meditation kann im stillen Sitzen sein, aber auch im Gehen in der Natur gelingen. Entscheidend ist das „Sich-Einlassen auf die Stille“. „Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler“, sagte J.W. von Goethe. Es müssen nicht hohe Berge sein, auch beim Waldspaziergang in der Nähe stellen wir fest, dass alles Getue, Gerede, die ganze Geschäftigkeit von uns abfällt und wir stiller werden. Stille will immer wieder erlebt sein. Allein und auch in Gemeinschaft. Gut, dass es Orte gibt, an denen wir gemeinsam üben können.

Stille ist ein Modus der Kultur, beim Üben in der Stille machen wir Erfahrungen, die über uns hinausgehen.

So vieles hat uns die STILLE zu geben. Deshalb passt sie so gut zu unserer Arbeit und deshalb machen wir uns in der Akademie  auf in Räume der Stille.

Programmhighlights:

254114R Willkommen im Raum der Stille – ein Abend, der zur Erkundung der Stille einlädt
Mi., 26.02.
18:00-20:00 Uhr
Haus der ev. Kirche| Kartäusergasse 9-11

25115R Still am Morgen – gemeinsam in den Tag starten
Mo., 10.03. bis Fr. 14.03.
08:30-09:00 Uhr
Sandkapelle der Ev. Studierendengemeinde Köln| Bachemer Str. 27

254117R Die große Stille – Film-Abend in der Kartäuserkirche
Mi, 07.05.
18:00-21:00 Uhr
Kartäuserkirche| Kartäusergasse 7

254119 R „Weil es mir guttut“ – Eine Hinführung zu Meditation und Köperwahrnehmung
Di. 13.05. und 20.05.
19:00-20:30 Uhr
Haus der ev. Kirche| Kartäusergasse 9-11

Loslassen und Neues begrüßen: Spirituelle Veranstaltungen und eine Übung für Balance

Spirituelle Übungen können dabei helfen, loszulassen und Neues zu begrüßen. Eine kleine spirituelle Übung geht so:

Ich sitze auf einem Stuhl, aufgerichtet und dennoch entspannt. Meine Hände liegen auf meinen Oberschenkeln mit den Handflächen nach unten.
Meine Gedanken begleiten alles, was ich gerade loslassen möchte oder wovon ich mich unfreiwillig verabschieden muss. Freundlich betrachte ich Situationen, Menschen, Dinge, bedanke mich bei ihnen und lasse sie gehen. Lasse sie – gefühlt – aus meinen Fingerspitzen hinausfließen.

Wenn ich damit fertig bin, drehe ich meine Hände um, nun liegen sie mit den Handflächen nach oben auf meinen Oberschenkeln. Wie offene Schalen.
Was kommt auf mich zu, was will von mir begrüßt werden? Wieder betrachte ich alles freundlich, heiße es willkommen. Ich überlege, was ich brauche, um mich gut mit dem Neuen anfreunden zu können. Ich beende die Übung, wenn ich spüre, für heute ist genug.

Klein und unaufwändig entfaltet diese Übung große Wirkung.

Sie erdet mich. Nicht alles, was ich loslasse, macht mich traurig, oft genug bin ich auch erleichtert, etwas gehen zu lassen. Erstaunlicherweise spüre ich Ge-LASSEN-heit.

Sie richtet mein Augenmerk auf das, was ich brauche, um mit dem Neuen gut zurechtzukommen. Ich kann den Wandel begleiten, sogar gestalten, bin ihm nicht einfach ausgeliefert.

Zwischen diesen beiden Polen bleibt ein Drittes: „Prüfet aber alles und das Gute behaltet“. (1.Thess 5,21) So bilden das Loslassen (Exnovation), das Behalten (Tradition) und das Neue (Innovation) eine Balance. Von diesem Zusammenspiel hängt der Erfolg von Transformationen ab. Das gilt auch für die großen Transformationen, in denen wir uns gerade befinden, klimatisch, gesellschaftlich oder kirchlich.


PROGRAMMHIGHLIGHTS

Di., 28.01.2025, 19:00–21:00 Uhr ONLINE
Wie entsteht eine gute Zukunftskultur?
Eine Kooperationsveranstaltung mit der Ev. Akademie im Rheinland
Isabel Hartmann, Prof. Dr. Rainer Knieling
1 Termin | 3 Ustd | kostenlos | Nr. 4122R

Mi., 05.02.2025, 19:30–21:00 Uhr ONLINE
Keltische Spiritualität – Frischluftzufuhr aus den Tiefen der Geschichte
Gerold Vorländer
1 Termin | 2 Ustd | 8,00 € | Nr. 4124R

Mi., 19.02.2025, 19:00–21:00 Uhr
Die „Glaubens-WG“ – Big Brother religiös?
1 Termin | 2 Ustd | 8,00 € | Nr. 1012B |
Melanchthon-Akademie | Sachsenring 6

Do., 04.09.2025 – Sa., 13.09.2025
Studienfahrt nach Iona – Time and Space – leben mit der Community of Iona
Informationen unter:
rinecker@melanchthon-akademie.de
Nr. 4136R

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