Schlagwort: Zuhören lernen

Miteinander reden?! Zuhören, Widersprechen, Grenzen setzen – Gesprächskultur in der Demokratie

Eine plurale Demokratie ist immer und konstitutiv auf Aushandlungsprozesse angewiesen. Sie lebt von einem konstruktiven Miteinander, von Streit in fairen Settings, vom Aushalten von Unterschieden, von Empathie für das Gegenüber und immer auch vom Zuhören und Reflektieren sowie von der grundsätzlichen Bereitschaft, das Wahrgenommene auch als potentiellen Lernanlass für Veränderungen der bisher als selbstverständlich wahrgenommenen eigenen Perspektiven und Haltungen wertzuschätzen. Für Demokratie ist eine Gesprächskultur fatal, in der sich ein zwischenmenschlicher Austausch nur auf das Senden von Ich-Botschaften reduziert.

Foto: V. Hryshchenko von Unsplash

Aber: Wo gehen wir in Diskussionen? Wo halten wir die Kommunikation aufrecht, auch wenn unser Gegenüber nicht unsere Wertorientierungen und Weltanschauungen teilt? … und was ist, wenn das so richtig weh tut und eigentlich nur schwer auszuhalten ist? Wo ziehen wir Grenzen? Wo beenden wir Gespräche?
Klar: vor dem Hintergrund unserer Orientierung am Grundgesetz können wir nie neutral sein; dürfen wir gegenüber Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Rechtsextremismus, Islamismus etc. nicht neutral sein.
Aber wenn wir sagen: „Wenn die Grundwerte dieser Gesellschaft bedroht oder mit Füßen getreten werden, gilt es klare Grenzen zu ziehen.“ – Wie machen wir das?
Wie machen wir das in sozialen Räumen, in denen z. B. rechte Denk- und Wahrnehmungsweisen nicht mehr „nur“ von Einzelnen, sondern von Vielen, vllt. sogar einer Mehrheit geteilt werden? Oder auch im pädagogischen Feld: Viele junge Menschen experimentieren mit Versatzstücken antidemokratischer Ideologien – wenn wir hier repressive Strategien wählen, das Gespräch beenden und ausgrenzen, ist das mit Blick auf andere Anwesende oder auch real oder potentiell z. B. von Rassismus oder Antisemitismus Betroffene ggf. sehr sinnvoll; aber wir reduzieren dann auch unsere Möglichkeiten zur pädagogischen Einflussnahme auf jene, die Problematisches artikuliert haben.

Im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Miteinander Reden!“ laden wir Sie herzlich ein, um derartige Fragestellungen mit uns zu vertiefen:

Am Donnerstag, den 04.09.2025, 18.30 ‒ 20.00 Uhr,
widmet sich PD Dr. Harald Weilnböck (Cultures Interactive e.V.) in einem Online-Vortrag sog. narrativen Gesprächsgruppen als Methode zur Förderung der demokratischen Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen, wobei es hier um Menschen geht, die ansonsten nur schwer ansprechbar oder erreichbar sind.
Nr. 2213H

Am Donnerstag, den 02.10.2025, 18.30–20.00 Uhr,
geht der Bildungswissenschaftler Marcus Kindlinger (Universität Duisburg-Essen und Universität Münster) in einem Vortrag darauf ein, dass Demokratie vom Streit lebt. Was aber, wenn sich Grenzverletzungen ereignen? Der Referent stellt die Frage „Wo endet der (offene) Diskurs?“ und blickt in seinem Beitrag vor allem auf die Grenzen politischer Streitkultur.
Nr. 2218H

Am Dienstag, den 25.11.2025, 17.30–19.30 Uhr,
setzt Lisa Frohn einen Workshop um, den sie unter den Titel „Sprechen & Zuhören“ gestellt hat und in dem die Frage „Wie geht es dir mit all dem, was gerade in der Welt passiert?“ im Mittelpunkt steht. Sprechen & Zuhören stellt ein besonderes Gesprächsformat dar, in dem der Name tatsächlich auch Programm ist.
Nr. 2224H

„Man könnte sich jeden Tag ärgern, ist aber nicht dazu verpflichtet“

Hannelore Gabor-Molitor über Humor, Vertrauen und die Freude am Wachsen

Hannelore Gabor-Molitor ist Diplom-Pädagogin mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Seit über 30 Jahren ist sie leidenschaftlich als Dozentin, Kommunikationstrainerin und Coach in verschiedenen Bildungseinrichtungen und Organisationen tätig. Ihre Schwerpunkte sind Rhetorik, Konfliktmanagement, Persönlichkeitsbildung, Intuitionsschulung und Frauenbildung.

Frau Gabor-Molitor, was reizt Sie an der Arbeit mit Erwachsenen?

Hannelore Gabor-Molitor: Erwachsene kommen oft aus eigener Motivation in meine Seminare, weil sie ein bestimmtes Anliegen haben. Das kann zum Beispiel ein Konflikt sein, den sie lösen möchten, oder der Wunsch, ihr Selbstvertrauen zu stärken. Es entsteht schnell ein Klima des Miteinanders und Vertrauens. Alle verfolgen ein gemeinsames Ziel, und während des Seminars gibt es oft Aha-Momente, die den Teilnehmenden helfen, ihre Sichtweise zu ändern oder neue Verhaltensweisen auszuprobieren.

Wie wählen Sie die Themenschwerpunkte für Ihre Seminare? Kommen die Themen zu Ihnen oder suchen Sie sie aktiv?

Hannelore Gabor-Molitor: Das ist eine Mischung. Ich versuche, den Puls der Zeit zu spüren und Themen zu wählen, die Menschen weiterbringen können. Oft sind es auch Themen, die mir selbst wichtig erscheinen, um ein selbstbestimmtes und sinnerfülltes Leben zu führen.

Wie hat sich Ihr Ansatz im Laufe der Zeit verändert?

Hannelore Gabor-Molitor: Zu Beginn meiner Laufbahn lag mein Fokus auf Frauenbildungsarbeit – es ging viel um Emanzipation, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Später wollte ich sowohl Männer als auch Frauen gleichermaßen ansprechen. Mein pädagogischer Ansatz hat sich dabei über die Jahre weiterentwickelt. Die Themenzentrierte Interaktion (TZI) von Ruth Cohn bildet den Kern meiner Arbeit. Dabei geht es um die Balance zwischen der sachlichen und emotionalen Ebene sowie um den Aufbau eines Gemeinschaftsgefühls. Ergänzt habe ich diesen Ansatz durch die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg und das Focusing-Modell von Gene Gendlin.

Gab es Schlüsselmomente in Ihrem Leben, die Ihre berufliche Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben?

Hannelore Gabor-Molitor: Ja, mehrere. Ein prägender Moment war die Entdeckung des Buches Dein Körper weiß die Antwort. Das ermöglichte mir den Zugang zur inneren Stimme der Intuition. Auch die Begegnung mit Marshall Rosenberg, als er die Akademie besuchte, und seine Arbeit zur Gewaltfreien Kommunikation hat meinen Weg stark beeinflusst. Wir haben sogar einmal gemeinsam in einer kleinen Runde am Chlodwigplatz in einer Pizzeria gegessen – eine unvergessliche Begegnung!

Mit welcher Grundhaltung begegnen Sie den Menschen in Ihren Seminaren?

Hannelore Gabor-Molitor: Respekt, Wertschätzung und eine offene, unvoreingenommene Haltung sind für mich zentral. Ich glaube daran, dass Vertrauen entsteht, wenn Menschen zusammen lachen können. Ein wenig Humor hilft, schwierige Situationen zu entspannen. Ein Leitsatz, der mich begleitet, lautet: „Man könnte sich jeden Tag ärgern, ist aber nicht dazu verpflichtet!“ Humor kann uns im Alltag viel Leichtigkeit schenken.

Was ist das Wesentliche bei Ihren aktuellen Seminarthemen?

Hannelore Gabor-Molitor: In meinen Seminaren – ob es um das Überwinden von Einsamkeit, das Lösen von Konflikten oder ums Zuhören geht – ist es mir wichtig, das Vertrauen zu uns selbst und zu anderen zu stärken. Diese innere Verbundenheit zu vertiefen und in sinnvolles Handeln umzusetzen, das ist mein Ziel und meine Motivation.

VERANSTALTUNGEN

Fr., 21.02.2025, 18:00–20:30 Uhr
Von der Kunst aufmerksamen Zuhörens
Qualität echten Zuhörens
1 Termin | 2 Ustd | 16,00€ | Nr. 3135BR

Sa., 08.03.2025, 10:00–16:30 Uhr
Unterstützung bei Konfliktlösungen
Konfliktfähigkeit: Regeln, Techniken, Strategien
1 Termin | 6 Ustd | 35,00€ | Nr. 3136BR

Mi., 12.03.2025, 18:30–21:00 Uhr
Einsamkeit überwinden, Alleinsein genießen
Verbindung und Verbundenheit mit sich selbst und Anderen
1 Termin | 2 Ustd | 16,00€ | Nr. 3138BR

Fr., 04.04.2025, 18:30–21:00 Uhr
„Abschiedlich leben lernen“
Phasen des Loslassens bewusst gestalten
1 Termin | 2 Ustd | 16,00€ | Nr. 3195BR

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