Schlagwort: Kölner Dom

Credo? Nicäa: Was uns verbindet – 1700 Jahre Glaubensdialog

Vor 1.700 Jahren beim Konzil von Nicäa im Jahr 325 rangen die Christen mit Fragen des Glaubens und ihrer Identität. Die damals noch junge Kirche, vor kurzem noch verfolgt und nun aus den Katakomben hervorgekommen, gab sich ein verbindliches Bekenntnis, eine Lehrgrundlage für eine Gemeinschaft, die zur Weltreligion wurde.

Foto: Griechisch-orthodoxe Kirchengemeinde Christi Himmelfahrt zu Berlin

Seit 381, dem Konzil von Konstantinopel, gilt das Nicäno-Konstantinopolitanum bis heute konfessionsübergreifend als das maßgebliche Bekenntnis der Christenheit. Ein ökumenischer Schatz.

Heute, 2025 Jahre nach Christi Geburt und 1700 Jahre nach Nicäa, steht unsere Gesellschaft vor großen Herausforderungen und ringt erneut um ihre Identität und Einheit. Beunruhigende geopolitische Entwicklungen fordern uns heraus. Und immer wieder steht da die Frage nach einem Gott, der so etwas eigentlich nicht zulassen kann.

Wenn wir in unserer Zeit von Diskussionskultur sprechen, ist unsere Bereitschaft, Ansichten und Positionen respektvoll zu teilen, mit schlüssigen Argumenten zu untermauern und dem Gesprächspartner das Recht einer anderen Meinung einzuräumen, oft zu bezweifeln.

Warum also das Jubiläum einer Synode längst vergangener Zeiten feiern, wenn sich sowieso alle uneins sind?

Nicäa war eine Zäsur! Die theologischen Unterschiede jener Zeit wurden in einem Gesprächsprozess auf Augenhöhe erörtert, führten zu einem für alle gültigen Ergebnis. Die Bereitschaft in Nicäa, eine konkrete Formulierung zu finden, die das Zeugnis des Glaubens in Form goss und vermittelbar machte, war die Grundlage dieser Zusammenkunft.

Ebendieser Umstand sollte uns motivieren, den Dialog zu intensivieren und seine Chancen zu erkennen.

Es lohnt sich, das Credo auf verschiedenste Weisen weiterzubuchstabieren.

Eine Weise ist die Verwandlung von Worten in Bilder, eine Visualisierung des christlichen Glaubens. Dafür steht die in diesem Jahr neugeschriebene „Nicäa-Ikone“. Die byzantinische Konstantins-Ikone zeigt, worum es geht: Einheit in Christus! Sie kommt im September nach Köln und ermutigt uns, unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt durch den Dialog und den Einsatz aller zu stärken und gemeinsam in die Welt hineinzuwirken.

Eine andere Weise führt uns in das Reich der Musik. Wir brauchen Klänge und Töne, die mehr sagen können als tausend Worte. Für Luther war das Reich Christi ein Hör-Reich, nicht ein Seh-Reich. Weil das Ohr so nah an unserer Seele ist, weil es das Erste und Letzte ist, was uns zu Geschöpfen macht.

VERANSTALTUNGSHINWEIS

Mo., 08.09.2025, 19:00–21:00 Uhr
Knotenpunkt „Nicäa“
Zur Entwicklung und Beziehung des christlichen und jüdischen Glaubens in den ersten drei Jahrhunderten
Prof. Jens Schroeter, Prof. Matthias Morgenstern
In Zusammenarbeit mit der Karl Rahner-Akademie
14,00 € | Anmeldung erforderlich | Nr. 1212B

Fr., 26.09.2025, 16:30–17:30 Uhr
Ökumenischer Gottesdienst im Kölner Dom
Anlässlich des 1700-jährigen Geburtstages des Glaubensbekenntnisses von Nicäa mit einer musikalischen Uraufführung von
„Credo. Six Composers – Six Parts – One Christian Faith“
Ökumenischer Projektchor, Erzpriester Constantin Miron,
Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Köln

Fr., 26.09.2025, 18:00–20:00 Uhr
Unglaublich. Bekennen heute
Eine Soiree
Mit: Erzpriester Constantin Miron, Prof. Dirk Ansorge, Dr. Reiner Leister, LKR Markus Schaefer
Domforum, Domkloster 3

Mi., 08.10.2025, 20:00–21:30 Uhr
CREDO? Ich glaub schon
Ein Liederworkshop
Mechthild Brand, Helga Heyder-Späth, Antje Rinecker
Kostenfrei | Gemeindehaus der Ev. Christuskirche Köln-Dellbrück
Dellbrücker Mauspfad 345
Nr. 4214R

Das neue Kunstwerk zum christlich-jüdischen Verhältnis im Kölner Dom: Kunstbegriff auf dem Prüfstand

„Mit der Judensau steht neben der Glaubwürdigkeit der kirchlichen Umkehr

von 2000-jähriger Judenfeindschaft

auch unser Kunstbegriff insgesamt auf dem Prüfstand.“

Fotorechte; Hohe Domkirche Köln; Visualisierung: A. Büttner auf Basis einer Fotografie von C. Knieps

Marten Marquardt, ehemaliger Akademieleiter der Melanchthon-Akademie, hatte im Jahr 2002 zusammen mit Reiner Bernstein und anderen eine Tagung zum Thema „Gewalt im Kopf. Tod im Topf“ initiiert. Mit ihr war eine Kunstaktion verbunden. Der Aktionskünstler Wolfram Kastner ging vor dem Portal des Doms mit einem Schild um den Hals umher, auf dem stand: „Judensau!“. Mit der Empörung und der öffentlichen Aufmerksamkeit für die damals noch wenig bekannten antijüdischen Kunstwerke im Dom nahm eine Auseinandersetzung ihren Anfang, deren Meilenstein in diesem Jahr 2025 dazu geführt hat, dass wir von zahlreichen antijüdischen Artefakten im Dom wissen, die vom Mittelalter bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts führen. Von einer „ostentativen Ahnungslosigkeit“ bis in diese jüngste Zeit spricht daher zu Recht Bernd Wacker, ehemaliger Leiter der Karl Rahner-Akademie, der sich auf dem langen Weg seit 2002 bis zur Gegenwart maßgeblich für einen tiefgreifenden Weg der Umkehr im christlich-jüdischen Dialog eingesetzt hat.

Umso beglückender ist es, dass in diesem Jahr ein vom Domkapitel ausgerichteter internationaler Kunstwettbewerb im Kölner Dom stattfand – mit einem aufregenden Ergebnis. Das Kunstwerk der Berliner Künstlerin Andrea Büttner „Ohne Titel“ wurde ausgelobt und wird vom kommenden Jahr an in einer ständigen Intervention an der Stirnwand der Marienkapelle im Süden des mittelalterlichen Doms zu sehen sein. Es wird eine Wandmalerei mit dem Steinfundament des Thoraschreins aus der ehemaligen mittelalterlichen Synagoge zeigen, die im 15. Jahrhundert nach der Vertreibung der Juden aus Köln in eine Ratskapelle umgewandelt wurde. In dieser Kapelle, die eigentlich die Synagoge der vertriebenen Juden ist, stand bis zur Zeit des 2. Weltkriegs der Altar der Stadtpatrone, der dann nach Zerstörung der Ratskapelle in den Dom wanderte. Das neu entstehende Bild des schwebenden Fundaments des Thoraschreins über dem christlichen Altar macht einen neuralgischen Punkt im jüdisch-christlichen Verhältnis sichtbar, zeigt eine offene Wunde in diesen Beziehungen und lässt den Altar der Stadtpatrone auch als Zeugnis beschämender christlicher Machtinteressen erkennen. Der Eingriff der Künstlerin spiegelt das jüdisch-christliche Verhältnis auf subtile Weise: Er reflektiert die Stadtgeschichte hinsichtlich des belasteten Verhältnisses und zeigt beispielhaft eine tiefe Verletzung – so hat es Abraham Lehrer, stellvertretender Vorsitzender des Zentralrates der Juden in Deutschland, ausgedrückt.

Die jüdische Gemeinde war – auch das ist eine beglückende Erfahrung – von Anfang an in die Initiative zu dem Kunstwettbewerb eingebunden, hat ihn mitgetragen, ebenso wie die Kölner Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und der Evangelische Kirchenverband Köln und Region, der durch unsere Akademie in der Jury vertreten war.

„Unser Kunstbegriff steht auf dem Prüfstand.“ Wir sind in den 23 Jahren nach 2002 einem erneuerten Verhältnis von Christinnen und Juden ein Stück nähergekommen – und zwar nicht in theologischer Sprache, sondern im Medium zeitgenössischer Kunst.

VERANSTALTUNGSHINWEIS

Mo., 29.09.2025, 18:00–20:00 Uhr
Alte und neue Kunst – Zwischen Christen und Juden
M. Bock, D. Schaper, P. Füssenich, u. a.
Kostenlos | Nr. 1207B

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