Bildungsreferent Dr. Stefan Hößl.

Studienleiter Dr. Stefan Hößl. Foto: Sammy Wintersohl

Flucht, Migration und gesellschaftliches Zusammenleben prägen seit Jahren die öffentliche Debatte. Anlässlich des 30. Altenberger Forums „Kirche und Politik“ sprach Studienleiter Dr. Stefan Hößl von der Melanchthon-Akademie in Köln im Vorfeld der Veranstaltung über seine Perspektive auf das Thema. Für ihn beginnt die zentrale Herausforderung nicht an den Grenzen Europas, sondern darin, wie hierzulande über Migration gesprochen wird.

„Deutschsein“ neu denken: Hößls Plädoyer für ein „Wir der vielen“

Aus Stefan Hößls Sicht wird der Begriff des „Deutschseins“ immer noch zu eng gefasst. „Ich denke, dass es eine ganz zentrale Herausforderung ist, die Bedeutung von Migration auch dahingehend zu verstehen, dass die deutsche Gesellschaft seit jeher eine in verschiedener Hinsicht diverse und plurale war“, sagt er im Interview. „Ein ‚Wir der vielen‘ mit sehr unterschiedlichen Geschichten, Sprachen und religiösen Bezügen.“

Kritik an verkürzter Rhetorik und problematischen Begriffen

Impressionen vom 30. Altenberger Forum. Foto: Martin Bock.

Impressionen vom 30. Altenberger Forum. Foto: Martin Bock

Genau dieses „Wir der vielen“ ist für ihn in der Diskussion um das Thema Migration entscheidend. Für den Studienleiter enthält es vielfältige Perspektiven, unterschiedliche Lebensgeschichten und ein gemeinsames Nachdenken über gesellschaftliche Zukunft. Die öffentliche Debatte erlebt Hößl jedoch kritisch. Viele Diskussionen seien geprägt von verkürzten Zuschreibungen oder politischen Stimmungen. Besonders problematisch findet er Begriffe wie „Stadtbild“, die in politischen Debatten zunehmend genutzt werden. Er fragt: „Wer ist ‚Wir‘ – wer soll in unserem öffentlichen Raum präsent sein, wer gehört dazu und wer nicht?“ Diese Debatte sei aus seiner Sicht irreführend und diene letztlich nur dazu, politischen Zuspruch zu generieren – auf Kosten eines respektvollen gesellschaftlichen Miteinanders.

Kirche als Akteurin für gesellschaftlichen Zusammenhalt

Impressionen vom 30. Altenberger Forum. Foto: Martin Bock.

Impressionen vom 30. Altenberger Forum. Foto: Martin Bock

Für die Kirche ergibt sich nach Stefan Hößls Ansicht daraus die klare Aufgabe, Haltung zu zeigen. Als Studienleiter setzt er sich dafür ein, dass Kirche als starke Partnerin der Zivilgesellschaft sichtbar wird – als Akteurin, die Menschen stärkt, statt sie in Kategorien einzuordnen. Es gehe nicht um wirtschaftliche Nützlichkeit, nicht um eine Diskussion über Belastungen oder Vorteile, sondern um das Menschenbild, das dem gesellschaftlichen Miteinander zugrunde liegt. „Wir reden hier nicht mehr über Herausforderungen und Chancen, wir müssen tatsächlich über eine plurale Gesellschaft, ein gemeinsames Wir sprechen“, sagt er. „Das ist für mich viel, viel elementarer, anstatt sozusagen Menschen auf ihren Mehrwert zu reduzieren.“

Migration als Normalität – nicht als Ausnahmezustand

Dr. Stefan Hößl verweist darauf, dass Migration zur Geschichte der Gesellschaft gehört – nicht als Ausnahme, sondern als dauerhafte Realität. Daraus könne die Chance erwachsen, gemeinsame Werte wie Würde, Freiheit und Respekt immer wieder neu zu verankern. Die christliche Perspektive richte den Blick dabei auf jeden einzelnen Menschen und dessen unveräußerliche Würde. Ein „Wir der vielen“ – das sei mehr als ein Befund. Es sei eine Einladung, Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Dieser Beitrag ist auch zu hören in der Sendung Himmel und Erde bei Radio Erft.

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Kampagne „Ja zu Migration“

Mit der Kampagne „Ja zu Migration“ werden Stimmen aus der Gesellschaft gesammelt, die sich klar für Vielfalt, Zusammenhalt und gegenseitigen Respekt aussprechen. Sie macht deutlich: Migration ist eine Bereicherung. Klicken Sie hier für mehr Informationen.

Text: APK